Friedrich-Wilhelm
Schnurr
Ruhr Nachrichten
1929 – 2017
OK
Ruhr Nachrichten 03.03.1998
Mozart-Gesellschaft lud ein
WIEDERSEHEN MIT IDEALEM INTERPRETEN

(JG) Wenn aus jungen Stipendiaten anerkannte Künstlerpersönlichkeiten werden, dann darf man als ehemaliger Föderer stolz sein: Friedrich Wilhelm Schnurr wurde vor fast vierzig Jahren von der Mozart-Gesellschaft unterstützt - das Konzert am Sonntag nachmittag im Amphisaal war ein Wiedersehen mit einem idealen Interpreten für Beethovens Diabelli-Variationen.
„Mostly Classic” heißt die neue Reihe des Vereins, in der nach dem Abstecher zum Jazz diesmal „only Beethoven” auf dem Programm stand. „Vor einer Trockenbeeren-Auslese wie den Diabelli-Variationen soll man keinen jungen Wein trinken”, machte Vorsitzender Peter Wiegmann Appetit auf die lyrische e-Moll-Sonate op. 90.
Markant gegeneinander setzte Schnurr Beethovens Kampf zwischen den lyrischen und energischen Themen im Kopfsatz der Sonate. Packend und wuchtig wirkten die expressiven Attacken, manchmal etwas stocken die Übergänge - den cantablen zweiten und letzten Satz des Sonatensonderlings nahm Schnurr flüssiger und zierte die fligrane Melodik dabei wunderbar aus.

Abgeklärt und bis zur Vollendung ausgereift war das Spiel des ehemaligen Rektors der Musikhochschule Detmold besonders in den Diabelli-Variationen. Und an Kraft ist Schnurr selbst vielen jungen Pianisten immer noch um Längen voraus. Mit donnernder Wucht entfaltete er den Klang in den energischen Variationen und arbeitete mit einem größtmöglichen Maß an Binnendifferenzierungen daran, herauszustellen, was in dem simplen Walzerthema mit dem berühmten „Schusterfleck” von Anton Diabelli an Entwicklungsmöglichkeiten steckt. Einen höchst stringent aufgebauten Spannungsbogen gab Schnurr dem großen Zyklus, gliederte behutsam die rhythmischen Varianten, hellte die dichten Sätze mit einem sehr sensiblen Klangfarbenspiel auf.
Ein richtiges „Fremdgehen” war dieses Konzert für die Mozart-Gesellschaft auch nicht: Weil Beethoven von Diabelli gedrängt wurde, wann denn die versprochene Variationen über sein Thema fertig sei, hat er als musikalischen Scherz eine Variationen über Mozarts Arie „Keine Ruh' bei Tag und Nacht” eingebaut.

Datenschutz
Last modified: June 22 2020